Reisebericht: Training in Japan
Im August konnten meine Frau und ich zwei Wochen Japan bereisen – mein Judoanzug war natürlich mit im Gepäck. Die Japaner – und wir natürlich auch – hatten zu dieser Zeit mit einer ungewöhnlich heißen Hitzeperiode zu kämpfen. In Tokio hatte es über 40 Grad und Abends kühlte es nicht wirklich ab.
Am ersten Wochenende ergab sich die Möglichkeit im Tendokan in Tokio Tendoryu-Aikido zu trainieren. Der Tendokan ist das Hauptdojo von Kenji Shimizu einem direkten Schüler von Morihei Ueshiba, dem Begründer des Aikido. Wir besuchten zwei Frühtrainingseinheiten um 6:30 Uhr und ein Abendtraining. Das Training wurde hauptsächlich von Kenta Shimizu geleitet. Der Trainingsablauf war ähnlich wie bei uns, auf ein kurzes Aufwärmen folgte ein Techniktraining. Die Einheiten waren nur 45 Minuten lang. Bei manchen Techniken nahmen mich die beiden Meister auf die Seite und wiesen mir einen Trainer zu, der mir die grundlegenden Bewegungen erklärte. So fühlte ich mich auch als Aikido-Fremder gut aufgehoben.
Im August machen im Zuge des japanischen Bon-Festes die meisten Dojos eine Trainingspause. So auch der Tendokan. Wir wurden am Sonntag zur Sommerabschlussparty ins Dojo geladen. Japanische Partys laufen etwas anders ab als bei uns. So gibt es einen geregelten Ablauf so wie eine feste Anfangs- und Endzeit. Jeder der Anwesenden hatte Spezialitäten aus seiner Heimatregion mit dabei. Von Frühlingsrollen über Sushi hin zu Basashi (Pferdefleischsashimi) waren allerhand Köstlichkeiten geboten. Es folgten Redebeiträge, Nachtisch und ein gemeinsames Aufräumen.
Am Montag nahm ich die Möglichkeit war im Kodokan das Randoritraining zu besuchen. Dort, an der Geburtsstätte des Judo, ist man sehr gut auf Gäste vorbereitet. Man meldet sich im internationalen Büro an und bekommt erst einmal zwei DinA4 Seiten mit der Etikette und den Dojo Regeln ausgehändigt. Nach dem Ausfüllen eine Haftungsauschlusses und dem Begleichen einer kleinen Trainingsgebühr bekommt man einen Stempel in den Judopass und einen Passierschein für den Empfang im 4. Stock. Ja, der Kodokan ist ein achtstöckiges Hochhaus mit Museum, Shop, Hostel und vielen Trainingshallen. Vor dem Empfang zieht man (wie überall in Japan) erst mal die Schuhe aus und bewegt sich im Rest des Hauses strumpfsockig bzw. barfuß. In der Umkleide sucht man sich einen freien Spind und wählt einen eigenen Schließcode – ich habe mir da von einem freundlichen Judoka helfen lassen.
Ausländer können im Kodokan am abendlichen Randoritraining von 18:00 bis 20:00 teilnehmen. Beim Eintritt in das Hauptdojo, mit 1000 m² Mattenfläche, im 7. Stock erklärte mir einer der Instruktoren nochmal die Grundregeln. Mach dich selbstständig warm ohne dem Ehrensitz den Rücken zu zu weisen, such dir einen Trainingspartner verbeugt euch gemeinsam vor dem Ehrensitz, vereinbart was trainiert wird – Uchi Komi, Randori oder Boden – verbeugt euch nach dem Training wieder gemeinsam vor dem Ehrensitz. Ich habe erst mit einem Spanier Wurfeingänge/Uchi Komi geübt und danach zwei 15 Minuten Randoris gemacht. Für meine Verhältnisse und Anbetracht der Hitze lies ich es damit vollauf bedient und glücklich gut sein…
Für 20:30 Uhr am gleichen Abend hatten wir uns mit Shunichi Saito und Masayoshi Yanagida zum Shabu-Shabu Essen, eine Art japanisches Fondue, verabredet. Shu war schon mit am Achensee dabei und beide zusammen hatten wir schon für Trainingseinheiten in Garching und Ismaning. Da sie seit einiger Zeit wieder in Japan leben war das eine tolle Gelegenheit die Beiden wieder zu treffen. Es war ein sehr lustiger Abend mit gutem Essen und Bier.
Danach begannen wir unsere Rundreise über Hakone, Kyoto, Nagoya, Fuji… wir wanderten durchs Kiso-Tal und machten einen Fahradtour von Onomichi nach Imabari. Wir haben sehr viele nette Leute getroffen und immer ausgezeichnet gut gegessen. Von der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Japaner kann man sich als Europäer durchaus eine Scheibe abschneiden. Für mehr Infos könnt ihr mich gerne im Training ansprechen. Holger